Um es vorab zu sagen, ich bin kein „Uitlander“, denn so bezeichnete man die Wanderarbeiter meist britischen Ursprungs, die zum Endes des 19.Jahrhunderts ins Kap strömten, mir gefiel der Begriff aber im Bezug auf meine Sichtweise aus der Ferne.

Ich würde mich als Südafrika-Kenner bezeichnen, freilich im Rahmen meiner Möglichkeiten und die letzten Monate habe ich mit großem Interesse die Zeit vor der Wahl beobachtet, teils vor Ort, teils eben aber von hier aus via moderne Medien, soziale Netzwerke und regem Austausch mit Freunden die am Kap leben.

Es stehen also wieder Wahlen an der Südspitze des schwarzen Kontinents an, soweit so gut und ein jeder weiss dass der ANC, welchen Mr.Mandela einst so stolz an die Spitze des Landes führte wieder die Wahl gewinnen wird.
Auch Mandela’s Tod im Dezember letzten Jahres wird vor den Wahlen so manchen ANC-Wähler in Nostalgie verfallen lassen, aber trotzdem, ich sage es wird dieses Jahr etwas anders ausgehen als die Vorjahre und der ANC wird herbe Verluste einfahren.

Zum einen ist es die große Unzufriedenheit, die bei der armen Bevölkerung immer mehr wächst, zum anderen ist der einstige ANC Jugendführer Julius Malema mit seinen Economic Freedom Fighters auf bestem Wege dem angestaubten ANC doch eine Menge Stimmen wegzunehmen.

Während der aktuelle Präsident Jacob Zuma von einem Skandal in den nächsten stolpert und das ohne jegliche Scham und Reue, kann Frau Helen Zille, ehemals für Kapstadt im Amt zur Weltbürgermeisterin gewählt worden und jetzige Chefin des leistungsstarken Western Cape’s, für die von ihrer DA regierten Region das beste Wachstum im Land vorweisen und die größten Erfolge bei der Bekämpfung der Armut.

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Die Frage ist nun wie sehr dies der Wähler aufnimmt, denn Frau Zille’s Taten im Westen kommen im Eastern Cape, wo die Mehrheit der Menschen den einst von Norden in das Land gedrungenen Bantustämmen angehören, nur begrenzt an, vielleicht ist es neben der Unterdrückung zu Zeiten der Apartheid aber auch die unheimliche Weite des Landes, die es von Provinz zu Provinz so dramatisch unterschiedlich erscheinen lässt.

Es ist etwas dummdreist wie euphorisch der ANC seine Probleme wegfeiert mit großen Aufmärschen und typisch für diese Art von afrikanischen Politikern.
Im Grunde genommen haben sie Angst, denn sooft wie Präsident Zuma nun bei öffentlichen Auftritten ausgebuht wurde, die südafrikanische Wirtschaft nach wie vor auf Talfahrt ist und das Land nun auch noch von Nigeria als größte Volkswirtschaft des Kontinents abgelöst wurde, muss die Gesamtsituation auch für treue ANC Wähler sehr unbefriedigend sein.

Zeit für schreckliche Populisten wie Julius Malema, der gerade bei frustrierten, jungen Menschen viel Zuspruch findet und auch wenn ich diesen Kerl für sehr gefährlich halte wünsche ich mir, dass er dem ANC viele Stimmen abnimmt und die DA noch etwas zulegt, denn auch das könnte die Wirtschaft wieder stärken. Es dürfen halt nicht zuviele Stimmen werden und so ist Malema’s EFF Partei die große Unbekannte X bei diesen Wahlen.

Unangenehme Nebenerscheinungen dieses Wahlkampfes:

– ANC Anhänger greifen mehrfach friedliche Märsche der Oppositionspartei DA an. Das ist ihr Niveau, das ist ihre Art von Demokratie.

– In vielen Townships gab es heftige Proteste, einer davon in Gugulethu nahe Kapstadt musste gestern von der Polizei mit dem Einsatz von Tränengas gestoppt werden.

Was auch interessant wird, dass die Post-Apartheid Generation „Born Free“ nun auch erstmalig wählen darf und interessant hierbei ist, dass diese jungen Leute nicht sehr interessiert an Politik sind, dafür aber der Nachwuchs ihrer einstigen Unterdrücker.
Auch rufen viele in den Townships zu Wahlboykott auf, auch das kann den ANC Stimmen kosten.

Soviel zu meiner Betrachtung von aussen, kurz und hoffentlich plausibel erklärt was nun in Südafrika die Wahl so spannend macht. Morgen heisst es dann wieder „One Mann, one vote!“ und ich erwarte gespannt das Ergebnis.

Im Ausland lebende Südafrikaner dürften bereits letzte Woche wählen. Wie wichtig es ihnen dieses Mal ist zeigt diese Schlange vor dem Wahlbüro am Trafalgar Square.

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Ich drücke jedenfalls dem Land und vor allem der DA und Frau Zille die Daumen.
Nkosi Sikelel’ iAfrika